ISDN aufgelöst

Fähigkeiten und Grenzen des digitalen Netzes

Schnittstellen und S0-Bus

Der erste Schritt zum ISDN ist die Digitalisierung der Anschlußleitung. Das bedeutet, daß sowohl in der Vermittlungsstelle als auch beim Teilnehmer eine digitale Übertragungseinrichtung aufgebaut wird. Die dazwischen liegende Kupferdoppelader bleibt unverändert. Im Unterschied zum Anschluß an das analoge Fernsprechnetz erhält der Nutzer also einen aktiven Netzabschluß, den Network Terminator (NT).

NTBA

Dieser erhält den Strom für den Eigenbedarf aus der Vermittlungstelle. Zur Speisung der angeschlossenen Endgeräte benötigt er jedoch eine 220-Volt-Wechelstromversorgung. Sollte diese ausfallen, so reicht die Versorgung aus der Vermittlungsstelle für den Betrieb eines Telefons. Der NT ist der übertragungstechnische Abschluß der Anschlußleitung, neben einer definierten Schnittstelle zum Anschluß der Endgeräte schützt er diese auch vor Einwirkungen aus der Leitung und dient daneben zur Fehlerdiagnose und Störungseingrenzung. Netzseitig bietet der NT die Schnittstelle Uk0 und teilnehmerseitig die Schnittstelle S0.

Uk0 ist eine Zweidrahtschnittstelle, die maximal acht Kilometer Entfernung überbrücken kann. Durch den Einsatz von Regeneratoren auf der Leitung läßt sich die Entfernung auf 20 Kilometer steigern. Die Telekom hat sich für diese netzseitige Schnittstelle entschieden, da die meisten Anschlußleitungen kürzer als acht km sind und somit die ISDN-Anschlüsse in der Regel ohne kostensteigernde Änderungen an den vorhandenen Kabeln zu realisieren sind.

Sende- und Empfangsrichtung werden im selben Frequenzband übertragen, die Richtungstrennung erfolgt auf beiden Seiten durch ein technisch aufwendiges Verfahren namens Echokompensation. Die Bruttobitrate beträgt übrigens 192 kBit/s - in Anbetracht der zu überbrückenden Strecken ein für ein einfaches Kupferkabel durchaus respektabler Wert.

Nebenstellen-Schnittstelle Up0

Davon zu unterscheiden ist die in der ISDN-Welt häufig anzutreffende Schnittstelle Up0, die ebenfalls für die Zweidrahtübertragung geeignet ist. Auch bei Up0 liegen Sende- und Empfangsrichtung im selben Frequenzband, die Richtungstrennung erfolgt allerdings technisch einfacher durch Zeitgetrenntlage. Das heißt, die Informationen tauschen Vermittlungsstelle und Teilnehmer auf der Leitung im zeitlichen Wechsel aus.

Die Bruttobitrate beträgt hier `nur´ 152 kBit/s, wegen der einfacheren Technik beträgt die maximale Reichweite lediglich vier Kilometer. Da diese Werte im Endstellenbereich in der Regel ausreichen und die Up0 kostengünstiger zu realisieren ist, findet man sie häufig in ISDN-Nebenstellenanlagen. Die Telekom setzt sie im öffentlichen Netz nicht ein.

S0 ist eine Vierdrahtschnittstelle, bei der Sende- und Empfangsrichtung getrennt auf jeweils einer Kupferdoppelader laufen. Zum Anschluß von Endgeräten läßt sich an dieser Schnittstelle ein passiver Bus in Punkt-zu-Punkt- oder in Punkt-zu-Mehrpunkt-Konfiguration betreiben. Im ersten Fall wird an den NT nur ein einziges Endgerät beziehungsweise eine kleine bis mittlere TK-Anlage angeschaltet. Die Reichweite beträgt dabei je nach Aderndurchmesser der Kupferkabel bis zu 1000 Meter.

Natürlich lassen sich an die TK-Anlage weitere Endgeräte anschließen. Bei der Punkt-zu-Mehrpunkt-Konfiguration werden die Endgeräte direkt auf den 4-Draht-Bus geschaltet. Die Reichweite liegt hierbei je nach Zahl der Endgeräte zwischen 150 und 600 Metern. Bei der Installation des Busses können bis zu 12 Dosen (Anschaltemöglichkeiten) vorgesehen werden. Die Entfernung des einzelnen Endgerätes von der Dose sollte allerdings zehn Meter nicht überschreiten.

An dieser Stelle sei nochmals betont, daß bei der gesamten Hausinstallation handelsübliche Kupferkabel zum Einsatz kommen. Es sind weder Glasfaser- noch Kupferkoaxialkabel erforderlich.

Alles an einem Bus

Der Bus versorgt die unterschiedlichsten Endgeräte - vom Telefon über Telefax bis zum PC mit ISDN-Karte. Wegen des in der S0-Schnittstelle arbeitenden (D-Kanal-)Protokolls, ist die Anzahl der gleichzeitig anschließbaren Endgeräte auf acht begrenzt. Da alle Endgeräte über den gleichen Stecker verfügen, ist die Zuordnung der Geräte zu einer Dose und damit der Standort der Geräte frei wählbar und kann auch jederzeit vom Nutzer verändert werden.

Die S0-Schnittstelle bietet drei verschiedene, gleichzeitig aktive Informationskanäle an. Dem Nutzer stehen davon der B1- und B2-Kanal mit jeweils 64 kBit/s transparent zur Verfügung. Neben Wählverbindungen können über die B-Kanäle auch Festverbindungen (in der Telekom-Terminologie auch als vorbestellte Dauerwählverbindung bezeichnet) realisiert werden.

Der dritte, der D16-Kanal mit 16 kBit/s, dient im wesentlichen zum Transport von Steuerinformationen und ist dem Teilnehmer nur eingeschränkt zugänglich. Die Trennung von Nutz- und Steuerinformationen und die Einführung eines neuen Zeichengabesystems auf der Anschlußleitung, dem D-Kanal-Protokoll, sind neben der schon erwähnten Ende-zu-Ende-Digitalisierung die Grundlage für die Leistungsstärke von ISDN.

Am Basisanschluß können bis zu acht Endgeräte angeschlossen werden, zwei davon können wegen der beiden B-Kanäle gleichzeitig arbeiten. Eingeschaltete ISDN-Endgeräte identifizieren sich am S__0-Bus mit einer Dienstekennung. Das D-Kanal-Protokoll sorgt dann dafür, daß ein Anruf immer an das zum jeweiligen Dienst gehörende Gerät weitergeleitet wird. Im Sprachdienst klingelt also das Telefon, bei Faksimile meldet sich das Telefax, und die Teletex-Nachricht landet natürlich ebenfalls im passenden Endgerät.

Dreimal Fax, bitte

Natürlich können in einem Dienst auch mehrere Endgeräte angeschlossen werden. In diesem Fall weist der Nutzer jedem Endgerät eine Endgeräteauswahlziffer (EAZ) zu. Dies ist durch einfache Einstellarbeiten am jeweiligen Endgerät (nicht an der Dose) möglich. Der Anrufer wählt nun ein Endgerät gezielt aus, indem er einfach bei der Wahl an die Rufnummer die EAZ anhängt. Da diese einstellig ist, lassen sich mit den Ziffern 1 bis 8 maximal acht Endgeräte unterscheiden.

Die Wahl der Ziffer 0 erzeugt einen Global Call, bei dem sich alle Endgeräte eines Dienstes melden. Hat ein Gerät die EAZ 9, so laufen dort alle Anrufe unabhängig von der EAZ auf. Da die Dienstekennung eine höhere Priorität als die EAZ besitzt, sind auf diesem Weg natürlich Verbindungen zu Endgeräten anderer Dienste ausgeschlossen. Von der Rufnummer her gesehen erhält jeder ISDN-Teilnehmer wegen der EAZ also eine ganze Dekade zur eigenen Verwaltung. Damit ist zum Beispiel der Bedarf an Nebenstellen in kleineren Büros durchaus über einen einzigen ISDN-Anschluß zu decken.

Für Großabnehmer

Bei höheren Verkehrsvolumina können weitere Basisanschlüsse hinzugenommen werden. Ab einer bestimmten Größenordnung ist es jedoch günstiger, auf den Primärmultiplexanschluß (PMx) überzugehen. Dieser bietet 30 B-Kanäle mit jeweils 64 kBit/s und einen D-Kanal mit ebenfalls 64 kBit/s. Teilnehmerseitig hat er die Vierdrahtschnittstelle S2M. Wegen der großen Datenübertragungsraten (immerhin gehen brutto 2048 kBit/s über die Leitung) sollten bei der Hausinstallation geschirmte Kabel eingesetzt werden.

Der PMx eignet sich besonders für den Anschluß großer TK-Anlagen, Datenservern oder für die Kopplung lokaler Netze. Daher ist die S2M nur für den Punkt-zu-Punkt-Betrieb vorgesehen und die maximale Reichweite beträgt zirka 250 Meter. Natürlich können die 30 B-Kanäle völlig unabhängig voneinander in die unterschiedlichsten Verkehrsrichtungen und in den verschiedensten Diensten betrieben werden.

Neben der Umwandlung der verschiedenen Protokolle beziehungsweise Signalisierungen ist eine der Hauptaufgaben der TA die Anpassung der im Vergleich langsamen Übertragungsgeschwindigkeiten an die 64 kBit/s im ISDN. Die Verfahren für diese Bitratenadaption sind in zwei CCITT-Empfehlungen beschrieben.

Die Empfehlung X.30 deckt die Anpassung von X.21/X.21bis mit den Geschwindigkeiten 600, 1200, 2400, 4800 und 9600 Bit/s ab. Die Empfehlung V.110 beschreibt die Anpassung von Endgeräten mit V.-Schnittstelle und umfaßt Geschwindigkeiten bis 56 kBit/s. Die beiden Empfehlungen beschreiben also Techniken zur Geschwindigkeitsanpassung digitaler Datenströme und nicht etwa (Hardware-)Schnittstellen im eigentlichen Sinn.

Beide Verfahren sind in etwa gleich und basieren darauf, daß die Geschwindigkeitsanpassung an das ISDN in Stufen über Zwischengeschwindigkeiten realisiert wird. Dabei werden den Nutzdaten zusätzliche Füllbits hinzugefügt, die die Gegenstelle natürlich wieder `herausnehmen´ muß. Da keine Zwischenspeicherung der Daten bei der Übertragung vorgesehen ist, müssen außerdem beide Endstellen die gleiche Übertragungsgeschwindigkeit benutzen. Anwendungen, die auf der Bitratenadaption beruhen, sind in der Regel `Insellösungen´ im ISDN mit ausschließlich interner Kommunikation.

Aus 64 mach 56

Eine Ausnahme davon stellen Verbindungen in die USA dar. Das dortige ISDN arbeitet ausschließlich mit 56 kBit/s. Zur Zeit läuft der ISDN-Verkehr von und nach den Vereinigten Staaten im Transfer über Frankreich. In Paris werden die europäischen 64 kBit/s mittels Bitratenadaption an die amerikanischen 56 kBit/s angepaßt. Amerikanische Endgeräte merken von diesem Vorgang nichts, während deutsche Endgeräte beim Empfang über die Bitratenadaption die Nutzdaten von den Füllmustern trennen müssen. Umgekehrt kann nur gesendet werden, wenn die Nettodatenrate von 56 kBit/s durch zusätzliche Füllbits auf 64 kBit/s gebracht wurde.

Connectivity

Je nach Anwendung kann die Frage, ob beziehungsweise unter welchen Randbedingungen man Nutzer in anderen Netzen erreichen kann, von entscheidender Bedeutung sein. Da ein ISDN-Anschluß mehrere Dienste anbietet und die Arbeitsweise der einzelnen Dienste sehr unterschiedlich ist, kann man die Frage nicht pauschal beantworten.

Ein klares Ja gibt es für den Bereich der Sprachübertragung. Das ISDN-Telefon tastet die Töne mit zirka 8 kHz ab, jeder Abtastwert ist mit 8 Bit kodiert. Das ISDN überträgt die Sprache als PCM-Signal zur Gegenstelle, die es wieder umwandelt. Das ergibt genau wie im analogen Netz eine Sprachbandbreite von zirka 3,1 kHz und eine Datenübertragungsrate von 64 000 Bit/s (64 kBit/s).

Die Vorteile von ISDN liegen zunächst einmal in den außerordentlich kurzen Verbindungsaufbauzeiten von ein bis zwei Sekunden sowie in einer deutlich verbesserten Sprachqualität. Wegen der digitalen Ende-zu-Ende-Übertragung tritt das aus dem analogen Netz bekannte Rauschen auch im Fernverkehr praktisch nicht auf. Da die Telekom selbst Analog/Digital-Umsetzer im ISDN betreibt, hat ein ISDN-Teilnehmer Zugang zu den Funknetzen und zum analogen Fernsprechnetz und kann damit weltweit ohne Einschränkung jeden Telefonanschluß erreichen.

Im ISDN selbst steht übrigens eine erweiterte Bandbreite von 7 kHz zur Verfügung. Sollten beide Endgeräte diese Bandbreite nutzen können, so schaltet die Signalisierung im D-Kanal automatisch beide Telefone in den 7-kHz-Modus und steigert so die Klangqualität deutlich.

Analoge und digitale Faxen

Etwas komplizierter ist die Situation bei dem immer noch mit hohen Zuwachsraten glänzenden Telefaxdienst. Historisch gewachsen gibt es vier Gruppen von Endgeräten, die jeweils andere Techniken beziehungsweise Protokolle zur Übertragung einsetzen. In der Gruppe 1 befinden sich alle Fernkopierer, die Zweiseitenbandmodulation ohne Bandbreitenkompression verwenden und daher bei einer Auflösung von etwa vier Zeilen/mm eine DIN-A4-Seite in zirka sechs Minuten übermitteln. Diese Geräte erhalten in Deutschland keine Zulassung.

In der Gruppe 2 sind alle Fernkopierer zusammengefaßt, die mit Bandbreitenkompression, aber ohne Redundanzreduktion arbeiten und daher eine DIN-A4-Seite bei einer Auflösung von etwa 4 Zeilen/mm in rund 3 Minuten übermitteln.

Die Gruppe 3 enthält alle Fernkopierer, die mit Bandbreitenkompression und Redundanzreduktion arbeiten und daher eine DIN-A4-Seite in ungefähr einer Minute übertragen. Entsprechend ihrem Leistungsumfang werden die Geräte der Gruppe 3 in zwei Kategorien eingeteilt. Die Einteilung stellt übrigens keine Wertung dar, beide Kategorien nehmen gleichberechtigt am Telefaxdienst teil.

In die Kategorie B gehören alle Geräte, die mindestens alle Basismerkmale des Telefaxdienstes beherrschen. Endgeräte, die zwar die Kommunikationsprotokolle einhalten, ansonsten aber nur einen Teil dieser Basismerkmale anbieten, werden der Kategorie A zugewiesen. Hierzu gehören zum Beispiel Fax-Karten für Personalcomputer, bei denen Ein- und Ausgabemöglichkeiten über Scanner und Drucker nicht vorgegeben sind und vom jeweiligen Nutzer abhängen.

Schließlich gibt es noch die Gruppe 4 mit allen Fernkopierern, die am und im ISDN arbeiten können. Hier dauert die Übertragung einer DIN-A4-Seite mit 400 dpi nur 10 Sekunden. Entsprechend ihrem Leistungsumfang sind die Geräte in drei Klassen eingeteilt. Fernkopierer der Klasse 1 können ausschließlich bildkodierte Informationen senden und empfangen, das heißt, auch Texte werden als Grafik übermittelt und können nicht ohne weiteres weiterverarbeitet werden. Fernkopierer der Klasse 2 können darüber hinaus auch zeichenkodierte Informationen sowie daraus resultierende Mischformen empfangen. Klasse-3-Geräte schließlich lassen sich zusätzlich zur Erstellung der entsprechenden Texte einsetzen.

Unverständnis

Da die Telekom keine Telefax-Umsetzer ins analoge Netz anbietet, bleiben die Gerät zunächst einmal unter sich. Gruppe-4-Maschinen können keine Verbindung zu Gruppe-3-Geräten aufnehmen und über TA a/b angeschlossene Gruppe-3-Geräte können ebenfalls nur untereinander oder zu `Faxen´ im analogen Netz Verkehr abwickeln. Die Lösung des Problems sind Gruppe-4-Faxe mit integriertem Gruppe-3-Teil. Diese Kombigeräte können in beiden Welten arbeiten und so die Connectivity sicherstellen.

Teletex wurde 1981 eingeführt und sollte auf der Basis eines deutlich größeren Zeichensatzes einmal die Nachfolge von Telex bei den Textdiensten antreten. Bei der ISDN-Version kommt vor allem der Geschwindigkeitsvorteil mit entsprechend niedrigeren Kosten zum Tragen. Da Telekom einen Umsetzer sowohl zu herkömmlichen Teletex-Geräten als auch ins Telex-Netz unterhält, kann der ISDN-Nutzer letztlich weltweit Verbindungen aufbauen. ISDN-Teilnehmer können zusätzlich über die Dienste Btx beziehungsweise Telebox400 mit allen Telexanschlüssen kommunizieren.

Btx blitzschnell

Der Zugang zu Bildschirmtext ist von einem ISDN-Anschluß aus uneingeschränkt möglich. Mit der Einführung von Datex-J ist ISDN ohnehin zum Zubringernetz für Datex-J und Bildschirmtext geworden. Wegen der hohen Datenübertragungsrate von 64 kBit/s sind auch hier in erster Linie deutliche Verbesserungen in der Performance festzustellen.

Bei der Datenübertragung stellt das ISDN völlig transparente B-Kanäle mit einer Transportkapazität von 64 kBit/s bereit. Die Verbindungen werden leitungsvermittelt aufgebaut, wegen der Tarifstruktur dürften vor allem Datex-L-Nutzer auf ISDN umsteigen. Dabei können die bisherigen Endgeräte über Terminaladapter angeschlossen werden, die hierbei möglichen Übergänge in andere Netze wurden bereits erläutert.

Schnell und optimiert

Da die Datenübertragung häufig zusätzliche Protokolle zur Datensicherung und Anwendungssteuerung fährt, können auch ISDN-Endgeräte nur dann zusammenarbeiten, wenn beide Seiten gleich ausgerüstet sind. Je nach Overhead lassen sich Übertragungsraten zwischen 40 kBit/s und 63 kBit/s erzielen. Manche Endgeräte steigern die Geschwindigkeit durch Echtzeit-Datenkompression noch weiter.

Wem das noch nicht reicht, der kann über Techniken wie `channel bundling´ mehrere B-Kanäle zeitweise parallel schalten und so zum Beispiel an einem Primärmultiplexanschluß bedarfsorientiert Übertragungsraten bis zirka 2 MBit/s realisieren. Da die einzelnen Kanäle im Netz nicht synchronisiert werden, ist in diesem Fall des `bandwidth on demand´ ausschließlich die Endeinrichtung für das Management der Kanäle zuständig.

Neben der Datenübermittlung zwischen einzelnen Endgeräten eignet sich ISDN daher auch für Anwendungen wie LAN-Kopplungen oder als Backup-Netz. Für den letztgenannten Anwendungsfall gibt es bereits Übertragungseinrichtungen, die den Regelweg über die DDV laufend überwachen und bei einem Ausfall dieses Weges automatisch den Verkehr über das ISDN routen.

Seit April dieses Jahres existieren Multifunktionszugänge mit PAD-Funktionalität (Packet Assembler/Disassembler) ins Datex-P Netz. Bei einem PAD handelt es sich um eine Einrichtung im analogen Fernsprechnetz, die asynchron arbeitende Endgeräte wie PCs mit Modem an das synchron arbeitende, paketvermittelnde X.25-Netz Datex-P anpaßt.

D-Kanal-Protokoll

Im Unterschied zum analogen Fernsprechnetz bietet das ISDN neben dem eigentlichen Übertragen und Vermitteln eine Vielzahl zusätzlicher Leistungen. Den Grundstein dafür bildet das D-Kanal-Protokoll, das derzeit in Deutschland in der FTZ-Richtlinie 1TR6 beschrieben ist. Im folgenden sind einige der Merkmale exemplarisch dargestellt. Beachten Sie bitte, daß nicht jeder Dienst alle Leistungen benötigt. So ist zum Beispiel eine Dreierkonferenz zwischen Telefaxgeräten nur schwer vorstellbar. Darüber hinaus müssen manche Leistungen gesondert bei der Telekom in Auftrag gegeben und bezahlt werden - andere sind bereits im Grundpreis enthalten.

Eine Besonderheit des ISDN-Anschlusses ist die vorbestellte Dauerwählverbindung, früher auch als semipermanente Festverbindung oder Festverbindung Gruppe 2 bezeichnet. Diese wird wie eine Wählverbindung durch Wahl der Rufnummer der Gegenstelle aufgebaut. Anschließend ist der verwendete B-Kanal belegt und kann nicht mehr anderweitig benutzt werden.

Vor dem eigentlichen Datentransfer müssen Sie die vorbestellte Dauerwählverbindung noch aktivieren. Die Aktivierungszeit liegt jedoch unter einer Sekunde. Unter finanziellen Gesichtspunkten ist es besonders wichtig, daß nur der aktivierte Zeitraum und nicht die gesamte Bereitstellungszeit bezahlt werden muß. Trotz des Routings im normalen Wählnetz sind durch diese Technik Besetztfälle praktisch ausgeschlossen. Eine vorbestellte Dauerwählverbindung läßt sich nur zwischen dazu berechtigten Endstellen aufbauen. Daher eignet sie sich besonders zum Aufbau geschlossener Netze. Wegen des Tarifierungskonzepts ist sie dabei häufig auch finanziell eine Alternative zur klassischen Festverbindung.

Durch das D-Kanal-Protokoll läßt sich ein ISDN-Anschluß sehr flexibel einsetzen. So kann der Anwender gleichzeitig mehrere Verbindungen zum selben oder zu verschiedenen Zielen aufbauen oder gleichzeitig mehrere Dienste nutzen. Wenn nicht genügend B-Kanäle zur Verfügung stehen, kann in einer bestehenden Verbindung der Dienst gewechselt werden, um zum Beispiel während eines Telefonates noch ein Telefax zu übertragen. Der Nutzer kann auch bestehende Verbindungen an ein anderes Endgerät am selben Anschluß übergeben oder aber mit seinem Endgerät den Standort (sprich: die Dose) wechseln. Das D-Kanal-Protokoll hält dabei die Verbindung für zirka zwei Minuten aufrecht.

Anklopfen am Telefon

Die Erreichbarkeit eines ISDN-Anschlusses ist sehr hoch, da bei bestehender Verbindung zwei weitere Verbindungswünsche, bei Anrufen aus dem ISDN sogar mit Rufnummer, angezeigt werden. Erst der vierte Anrufer erhält `Besetzt´. Der Teilnehmer kann entscheiden, ob er die angezeigten Anrufe übernimmt beziehungsweise später zurückruft. Daher ist es möglich, den Anschluß weiter zu benutzen, obwohl ein dringender Anruf erwartet wird.

Die Anrufweiterschaltung ist ein besonders beliebtes Leistungsmerkmal. Hierbei kann der Teilnehmer jederzeit die ankommenden Rufe in zwei Varianten zu einem beliebigen Ziel umlenken. Die Variante I schaltet alle Rufe direkt weiter, Variante II wartet erst 15 Sekunden Rufzeit ab. Der Anrufer und das Umlenkziel erhalten einen Hinweis auf die Umlenkung, die Kosten für die Verbindung bis zum Zielanschluß übernimmt der Teilnehmer, der die Weiterschaltung aktiviert.

Soll die Benutzung des Anschlusses eingeschränkt werden, so aktiviert der Teilnehmer eine Sperre. Mit Ausnahme der Notrufnummern 110 und 112 lassen sich wahlweise Interkontinentalverbindungen, Auslandsverbindungen, nationale Fernverbindungen oder sogar alle gehenden Verbindungen bei einzelnen oder allen Diensten sperren.

Hackerfreie Zone

Zum Schutz gegen unerwünschte Verbindungen oder für den gezielten Einsatz von Anschlüssen ist die Geschlossene Benutzergruppe (GBG) gedacht. In diesem Fall sind in der Regel nur Verbindungen innerhalb der GBG möglich, als Ausnahme können einzelne Anschlüsse aber auch in gehender Richtung die GBG verlassen. Da man für jeden Dienst eine GBG einrichten kann, ist es zum Beispiel möglich, die Datenkommunikation zum Schutz vor Hackern innerhalb einer GBG abzuwickeln und trotzdem im Telefaxdienst völlig frei zu arbeiten.

Häufig genutzt wird auch die Möglichkeit, drei Teilnehmer in verschiedenen Varianten zusammenzuschalten, um zum Beispiel zur schnellen Abstimmung eine kleine Konferenz durchzuführen.

ISDN liefert umfangreiche Informationen an den Anschluß. Angefangen von der Rufnummer des Anrufers über Gebühreninformationen bis zu technischen Hinweisen zum aktuellen Zustand der Verbindung reicht die Palette. Die Auswertung der in kodierter Form angelieferten Daten ist in erster Linie eine Aufgabe des Endgerätes, daß dabei schon mal Meldungen wie `Verbindungsabbruch in Schicht 2´ auftauchen, ist für einen harmlosen Telefonnutzer sicher nicht immer hilfreich.

ISDN weltweit

Für die Steuerung der eben genannten Leistungsmerkmale auf der Anschlußleitung, das heißt, zwischen Vermittlungsstelle und Teilnehmer, ist das D-Kanal-Protokoll verantwortlich. Damit aber zum Beispiel die Anrufweiterschaltung im ganzen Netz funktioniert, müssen natürlich die Vermittlungsstellen im nationalen und internationalen Bereich die entsprechenden Steuerdaten untereinander weitergeben. Die Prozeßrechner der verschiedenen Vermittlungen sind unterschiedlich aufgebaut und arbeiten dementsprechend auch unterschiedlich.

Daher standardisierte das CCITT ein einheitliches System, das Zeichengabesystem Nr. 7. Dieses Protokoll läuft zwischen den Vermittlungsstellen getrennt von den Nutzdaten in einem separaten Kanal - dem zentralen Zeichengabekanal. Es ist für die Zusammenarbeit von Prozeßrechnern optimiert, durch den sehr modularen Aufbau, bei dem die einzelnen Elemente relativ unabhängig voneinander sind, kann es problemlos in der Zukunft neue Leistungsmerkmale aufnehmen und so dem dynamischen Technikwandel folgen.

Das Zeichengabensystem Nr. 7 befindet sich weltweit in der Einführungsphase. Die Bundesrepublik nimmt dabei einen Spitzenplatz ein - seit Anfang 1993 steht das System auch in den neuen Bundesländern und damit sind alle Leistungsmerkmale des ISDN in Deutschland flächendeckend nutzbar. Etwas anders stellt sich die Situation bei internationalen Verbindungen dar.

Um ein bestimmtes ISDN-Leistungsmerkmal von einem Ende zum anderen nutzen zu können, müssen sowohl das Zeichengabesystem zwischen den Vermittlungen als auch das jeweilige D-Kanal-Protokoll die entsprechende Steuerinformationen verstehen und weitergeben können.

Wegen fehlender Standards haben sich jedoch in der Vergangenheit in vielen Ländern teilweise inkompatible nationale Protokollelemente herausgebildet. In der Folge können im internationalen Verkehr nur ein Bruchteil der in Deutschland möglichen Leistungen Ende-zu-Ende genutzt werden. Häufig steht sogar nur ein transparenter 64-kBit/s-Kanal mit der Dienstekennung Datenübermittlung zur Verfügung. Die Kommunikation kann dann nur funktionieren, wenn die Endgeräte für diesen Fall konfiguriert wurden.

Euro-ISDN

Zu Verbesserung dieser Situation setzte bereits vor Jahren ein Standardisierungsprozeß ein, der in Europa einen ersten Abschluß gefunden hat. In dem `Memorandum of Understanding on the Implementation of a European ISDN´ (MOU) verpflichten sich 26 Netzbetreiber aus 20 europäischen Ländern dazu, ISDN nach einem einheitlichen Standard bis Ende 1993 einzuführen. Das MOU enthält ein Minimum an Pflichtleistungen sowie die Verpflichtung, zusätzliche Leistungsmerkmale nur nach internationalen Standards zu realisieren.

Zu den Mindestforderungen gehören die Bereitstellung einer transparenten Übertragung mit 64 kBit/s, der Sprachdienst mit 3,1 kHz , die Übertragung der Rufnummer vom Anrufer zum Zielanschluß und aus Datenschutzgründen die fallweise Unterdrückung dieses Vorgangs, die Durchwahlfähigkeit aller Anschlüsse, das Umstecken am passiven Bus und die Mehrfachrufnummer. Diese ersetzt die bisher bekannte Endgeräteauswahlziffer.

Im Unterschied zur EAZ, bei der die 10 möglichen Ziffern nur in Folge aus einer Dekade stammen können, lassen sich in der Mehrfachrufnummer beliebige freie Rufnummern aus dem Kontingent der Vermittlungsstelle zusammenfassen. Für die Nutzer heißt das, daß sie bis zu 10 analoge Anschlüsse in einem ISDN-Anschluß zusammenfassen und so in der Regel ohne Rufnummernänderung ins ISDN umsteigen können.

Euro-ISDN bringt zusätzliche Flexibilität, da im Gegensatz zum nationalen ISDN alle Leistungsmerkmale rufnummernbezogen sind. Das heißt, daß innerhalb eines Anschlusses jede einzelne Mehrfachrufnummer separat konfiguriert werden kann. Ein weiterer großer Vorteil sind zwei zusätzliche Zugänge zum Datex-P-Netz über den B-Kanal mit 64 kBit/s und den D-Kanal mit 9600 Bit/s. Bei dieser auch als Maximalintegration bezeichneten Lösung ist die Datex-P-Nummer des Anschlusses mit der ISDN-Rufnummer identisch. Der Anwender kann damit einen weiteren Datenübertragungsdienst ohne Einschränkung entsprechend der ISDN-Philosophie an einem Anschluß und unter einer Rufnummer nutzen.

(Quelle ct 8/93)

Stand 10-19-1999 TB